Der 1. Mai war der letzte Schultag des Jahres für die Kinder unserer Schule. Die Kinder kamen mit ihren Eltern, bekamen die Zeugnisse und wir verabschiedeten sie. Wir werden die meisten von ihnen im Juli wiedersehen, aber in diesem Jahr werden die ältesten drei Klassen nicht mehr zu unserer Schule zurückkehren. Das ist etwas, was ich euch gerne mitteilen möchte.
Vielleicht wisst ihr, dass wir im letzten Schuljahr zwei Vorschulklassen hatten und dann noch die Klassen eins bis sieben. Das waren die meisten Klassen, die wir bis zu diesen Punkt hatten. Nachdem wir vor einigen Jahren Kinder bis zur 5. Klasse unterrichtet hatten, brauchten wir die Erlaubnis, eine ‚Junior High School‘ zu führen, wie das bis zur 8. Klasse genannt wird.
Wir haben einige Leute zu Rat gezogen und uns wurde gesagt, dass wir Unterricht für die 6. Klasse beginnen könnten und den Vorgang für weitere Genehmigungen beginnen. So füllten wir das Formular aus, gaben den Antrag ab und begannen gleichzeitig die 6. Klasse in unserer Schule.
Viele Monate lang machten wir andauernd Telefonanrufe, rannten in Büros und versuchten, die richtigen Leute zu erreichen. Wir machten unzählbare Besuche in verschiedene Büros und langsam bewegte sich unsere Akte. Doch trotz dieser ganzen Anstrengung kam irgendwie nichts weiter! Mit der Zeit ärgerten wir uns und baten die Leute, nun doch endlich weiter zu machen, damit wir ans Ziel kämen. Immer wieder wurden wir nach einer Sache gefragt: Geld. Es wurde uns gesagt, dass alles klappen könnte und dazu noch recht schnell, wenn wir eine hohe Summe an Schmiergeld zahlen würden.
Wir erklärten mehreren Menschen, dass wir keine solchen Beträge zahlen wollten! Wir sind keine normale Schule. Wir sind eine wohltätige Schule, nehmen von unseren Schülern keine Gebühren und sind nur dazu da, arme Kinder zu unterstützen. Wir bekommen von der Regierung keine einzige Rupie für die Bildung oder das Essen und unser Geschäft führen wir, um unsere Kinderprojekte zu unterstützen. Keines der Kinder muss zahlen, um zur Schule zu gehen. Wir haben Spender und Sponsoren, brauchen jedoch unser Geschäft, um die Schule zu unterstützen.
Kein Glück, nicht im korrupten Indien, wo nichts funktioniert, ohne inoffiziell den richtigen Leuten Geld zukommen zu lassen. Experten in diesem Bereich, Mittelsmänner und Bearbeiter sagten uns, wir hätten eine Chance unser Ziel ohne Schmiergeld zu erreichen: mit den richtigen Beziehungen zu einem hochrangigen Politiker. Solche Beziehungen hatten wir nicht.
Wir dachten sogar einmal darüber nach, die Forderung nach Geld heimlich zu filmen, um Korruption aufzudecken. Leute, die uns wohlgesonnen sind, warnten uns jedoch, dass diese mächtige Leute der Regierung seien, die einen Weg finden würden, sich durch falsche Anschuldigungen und Vorwürfe zu rächen, so dass wir diesen Schritt bereuen würden.
Nein, wir wollten niemanden bestechen. Es fühlte sich einfach nicht richtig an. Also dachten wir, dass wir die Kinder auch nach der 8. Klasse doch für die 9. und 10. Klasse irgendwohin geschickt hätten, also könnten wir das genauso gut auch schon nach der 5. Klasse tun. Wir können ihre Schulgebühren zahlen und sie unterstützen – und lieber noch einige kleine Kinder in unsere Schule aufnehmen und ihnen eine sehr gute grundlegende Bildung zu Gute kommen lassen!
So haben wir bei der Schuleinschreibung in diesem Jahr mehr Platz für Schulanfänger gehabt und begonnen, eine neue Schule für unsere ältesten Schüler zu suchen. Morgen werde ich euch von den Schwierigkeiten bei dieser Suche erzählen.