Ich landete in Bangkok und wurde von dem Mann abgeholt, der mich eingeladen hatte. Er war der ehemalige Manager eines Hindu Tempels. Er hatte mit dem gegenwärtigen Management des Tempels gesprochen und alle hatten gemeinsam beschlossen, mich einzuladen und meinen Aufenthalt und meine Vorträge im Tempel zu organisieren.
Da war ich also in Thailand, wohnte in dem Tempel-Komplex und gab jeden Tag einen Vortrag von einigen Stunden. Da es ein Tempel war, hatten sie bereits ein Publikum und um mein Programm anzukündigen, informierten sie einfach die indische Gemeinschaft. Und so kamen täglich viele Menschen zu meinen Vorträgen und hatten Freude an meinem Interpretations-Stil.
Schon vor der Höhle gab ich auf andere Weise Vorträge als die traditionellen religiösen Prediger. Wahrscheinlich liegt es mir irgendwie in der Natur, modern und anders zu sein. Traditionell nimmt ein Prediger, der eine Vortragsreihe von neun Tagen hat, eine Schrift her und erklärt sie vom ersten bis zum letzten Wort. Er liest die Schrift vor und erklärt eine der üblichen Interpretationen. Die Zuhörer haben diesen Vortrag oft schon einmal von einem anderen Prediger gehört, aber sie glauben, dass es für sie und ihr Karma gut ist, sich diese Vorträge anzuhören. Sie kommen aus religiösem Interesse und glauben, dass es ihnen schon gut tut, wenn sie einfach nur diese Worte hören.
Ich hingegen wählte ein Mantra, nur einen Satz einer Schrift aus und führte eine detaillierte Interpretation aus, die die komplette Zeit des Vortrags in Anspruch nahm. Ich habe die ganze Philosophie hinter diesem Satz oder dieser Phrase erklärt und natürlich gabe ich damit jedem damit eine neue und andere Sichtweise. Ich erzählte nicht nur die Schrift nach, sondern gab den Sätzen auch noch eine neue, tiefere Bedeutung. Das mochten die Leute an meinen Vorträgen. Es war anders als das, was sie immer von ihren Predigern hörten. Sie dachten nicht nur daran, dass es ihrem Karma wohl täte, sondern sie hatten wirklich Freude daran, mir zuzuhören.
Janmashtami, der Geburtstag Krishnas, fiel auch in die Zeit, die ich in Bangkok verbrachte. Natürlich gab es im Hindu Tempel eine große Feier und sie fühlten sich geehrt, mich in der Zeit dort zu haben, da ich aus Vrindavan kam, der Stadt Krishnas. Die Rituale, die sie vollführten, glichen denen in Indien und ich hatte auch dort diese Art von großen Feiern schon oft erlebt. Ich konnte nicht einmal einen Unterschied ausmachen zwischen der Politik in religiösen Organisationen in Indien und der Verwaltung des Tempels dort.
Die Mitglieder hatten untereinander viele Auseinandersetzungen. Der Präsident mit dem Sekretär, der Sekretär mit dem Vize-Präsidenten und alle mit dem Schatzmeister. Sie alle hatten ihre ehrenvollen Posten inne und hatten alle unterschiedliche Vorstellungen davon, wie sie ihre ‚Macht‘ ausüben sollten. Solche religiöse Organisationen gleichen ganz normalen Unternehmen oder sogar der Regierung eines Landes, einfach nur voller Politik. Sie predigen gegen Ego und sollten der Gesellschaft dienen! Stattdessen trachten sie nach Macht, hohem Ansehen und oft auch Geld.
Um es kurz zu machen, ich hatte Freude an meinen Vorträgen und dem Programm, aber nicht wirklich an der religiösen Szene drum herum. Wieder einmal brachte es mich zum Denken. Das war nicht der Sinn von Religion und religiöse Menschen sollten sich nicht so verhalten. Man muss nicht beweisen, dass man die religiöseste Person von allen ist. Ich dachte darüber nach, ob ich in der Lage sein würde, mein ganzes Leben lang mit solchen Situationen umzugehen. Wollte ich das wirklich?