Zu Beginn des Jahres 2006 hatte mich eine Frau zu sich und ihrer Familie eingeladen. Sie organisierte mein Programm in dieser Gegend Australiens. Ich gab Vorträge und Workshops an unterschiedlichen Orten in der Stadt und Einzelsitzungen bei ihr zu Hause. Während ich bei ihr war, habe ich eine sehr wertvolle Lektion gelernt: frage deinen Gastgeber immer, bevor du mehr Gäste in sein oder ihr Haus einlädst!
Wie überall, wo ich war, kochte ich das Essen für den Abend und die Familie, bei der ich wohnte, aß das normalerweise auch. Auch diese Familie aß das indische Essen, das ich zubereitete und es schmeckte ihnen sehr! Es war meistens Abendessen, da ich den ganzen Tag über arbeitete und meistens viele Einzelsitzungen hintereinander gab.
Während einer dieser Sitzungen war eine Frau sehr interessiert daran, mehr über mich, meine Familie, meine Arbeit und unsere Kinderprojekte zu hören. Da ich für eine Sitzung nur begrenzt Zeit hatte, konnte ich nicht im Einzelnen über alles sprechen, aber da ich ihr Interesse sah, fragte ich einfach ‚Warum kommst du nicht zum Abendessen?‘ Sie freute sich über diesen Vorschlag – natürlich, da sie leckeres, indisches Essen und eine Unterhaltung mit einem potentiellen interessanten Freund haben würde – und ging schließlich.
Nachdem meine übrigen Sitzungen vorbei waren, ging ich zurück in die Wohngegend des Hauses, wo ich auch meine Gastgeberin traf. Ich erzählte ihr, dass ich eine Frau zum Abendessen eingeladen hatte und dass sie sich also zu uns gesellen würde. Ich war geschockt über die Reaktion.
‘Du hast jemanden in mein Haus zum Abendessen eingeladen, ohne mich zuerst zu fragen? Was, wenn ich nun heute Abend keine Gesellschaft gewollt hätte? Oder wenn ich andere Pläne gehabt hätte?‘
Als sie antwortete, merkte ich sofort, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Ich hatte jedoch nie gedacht, dass das ein Problem sein könnte! Ich hatte das auch in Deutschland bereits getan – aber in dem Augenblick verstand ich, dass ich dort normalerweise eher allein gewesen war und andere Leute vielleicht nicht ins Haus von Gastgebern eingeladen hatte. Ich kochte auch dort, aber es war ihr Haus, ihr Tisch, ihre Familie. Ich war ganz offensichtlich einfach ein bisschen zu naiv gewesen.
Ich entschuldigte mich in der nächsten Sekunde, sagte ihr, dass es mir leid tat und dass ich diese Frau sofort anrufen und ihr sagen würde, dass sich die Pläne geändert hatten und sie nicht kommen sollte. Da merkte sie selbst, dass ihre Reaktion etwas zu stark gewesen war – aber wir sagten das Abendessen einfach ab.
Nach einer Weile, als wir beide Zeit gehabt hatten, unsere Gedanken zu sortieren, unterhielten wir uns und sie fragte ‚Ist es für dich denn normal, dass du Freunde einlädst, wenn du bei jemandem zu Hause bist, der sie noch nicht einmal kennt?‘
Ich erklärte ihr, dass ich vollkommen verstehen konnte, was sie da sagte, dass sie mir aber glauben sollte, dass ich da einfach nicht drangedacht hatte! In Indien haben wir eine andere Art der Gastfreundlichkeit. Wenn ich einen Gast bei mir daheim habe und anderswo eingeladen bin, kann ich meine Gäste problemlos mitbringen. Wenn du bei mir zu Hause bist, sind deine Gäste und Freunde auch zum Abendessen herzlich willkommen und es würde mir nichts ausmachen, wenn du mir vorher nichts davon sagen würdest. Doch ich hatte gemerkt, dass das nun mal einfach eine andere Kultur war.
Am Ende war das auch alles. Ein Kulturunterschied. Und eine wichtige Lektion für die Zukunft!