Ich habe die Woche in meinem Blog mit der Aussage begonnen, dass Gebete den Erdbeben-Opfern in Nepal nicht helfen werden. Am nächsten Tag habe ich euch einen lächerlichen Kommentar gezeigt, in dem der Autor meinte, dass auch Katastrophen Gottes gute Arbeit seien. Daraufhin kam meine Antwort und schließlich führte ich meine Ansicht zur Karma-Theorie gestern noch etwas aus. Heute jedoch möchte ich gerne zum eigentlichen Thema zurückkehren: dem Gebet. Warum? Weil mehrere Leute mir gesagt haben, dass sie eigentlich nicht zu Gott beten.
Ich habe diese Antwort auf meine Blogeinträge in den letzten Tagen bereits einige Male bekommen. Ich hatte auch schon daran gedacht, dass es recht viele Leute gibt, die an Gebete glauben, aber nicht an Religion. Andere glauben nicht einmal an Gott, beten aber trotzdem. Wieder andere verwenden dieses Wort offensichtlich nur, um ihr Mitgefühl auszudrücken. Mir stellt sich da die Frage, warum all diese Menschen es ein Gebet nennen.
Ich selbst bin diese Veränderung von einer sehr religiösen Person zum Atheisten durchlaufen und ich verstehe, dass es für jemanden auf dem gleichen Weg nach Jahren der Angewohnheit zu beten schwierig ist, einfach aufzuhören. Und aufzuhören, daran zu glauben. Schließlich ist die Wirkung eines Gebets eigentlich psychologisch: man wiederholt seinen Wunsch, bewusst und manchmal sogar mit lauter Stimme und bestätigt damit nicht nur, was sein Ziel und Wunsch ist, sondern bringt sich selbst für gewöhnlich auch dazu, sich etwas weniger Sorgen zu machen. Man hat das Gefühl, man hätte es in die Hände eines anderen gegeben, der nun dafür verantwortlich ist. Menschen, die nicht mehr an Religion glauben, aber trotzdem an Gott, hängen weiter an diesem Gedanken. Und diejenigen, die nicht einmal an Gott glauben, wollen diesen guten Effekt nicht verlieren!
Ich sage dir, du kannst immer noch das Gleiche tun – aber ich finde, du solltest es nicht ‘Gebet’ nennen! Dieses Wort hat seine ganze eigene Geschichte und wird mit Religion und Gott in Verbindung gebracht. Warum nennst du es nicht ‚Ausdruck von Gefühlen‘? Oder vielleicht ‚Ausdruck von Wünschen‘? Es wäre wie ein Teil einer Meditation, eine bewusste Konzentration auf einen bestimmten Gedanken.
All diejenigen, die dieses Wort für eine Situation wie das Erdbeben in Nepal anwenden, wenn es darum geht, jemandem in einer schwierigen Situation das Beste zu wünschen: warum nennt ihr es nicht einfach ‚beste Wünsche‘? Drückt aus, dass ihr Mitgefühl habt, dass ihr ihm nicht nur das Beste wünscht, sondern Gesundheit, Genesung, Glück oder irgendetwas, was auch immer er braucht und möchte.
Die Situation in Nepal ist zum Beispiel immer noch schwierig. Der Flughafen in Kathmandu hat Platzprobleme und Koordinationsprobleme, gestrandete Touristen aus dem Land zu bekommen und internationale Hilfe ins Land. Regenfälle erschweren die Hilfsaktionen und das Wasser gießt auf die Leute herunter, die nun kein Dach mehr über dem Kopf haben. Essen, Wasser und medizinische Versorgung erreicht noch lange nicht jeden Bedürftigen und das Epizentrum wurde noch nicht wirklich erreicht.
Diese Leute brauchen Hilfe. Du kannst helfen, indem du an eine vertrauenswürdige Hilfsorganisation spendest. Wenn du kannst, kannst du auch deine freiwillige Hilfe anbieten. Und wenn für dich weder noch möglich ist oder du deine Gefühle einfach für Freunde ausdrücken möchtest, lass es ein Wunsch voller Liebe sein, kein Gebet.