Gestern und vorgestern habe ich darüber geschrieben, wie man sich anderen Menschen nähert, um Freundschaften zu schließen. Ich habe darüber geschrieben, dass man offen sein muss und nutzlose oder störende Erwartungen aufgeben muss. Jetzt nimm einmal an, da ist jemand, mit dem du in Kontakt warst, mit dem du geredet hast und jetzt ist da etwas wie eine kleine Freundschaft, die da begonnen hat. Was geschieht nun? Entweder ihr versteht euch gut und eure Freundschaft wird immer enger und enger – oder eben nicht. Heute werde ich über die zweite Möglichkeit schreiben.
Ich bin sicher, dass jeder hin und wieder eine solche Erfahrung gemacht hat. Du sitzt neben jemanden und alles ist in Ordnung zwischen euch, du findest den anderen sehr nett – aber ihr wisst irgendwie nicht, über was ihr reden sollt. Ihr sitzt da, habt bereits über das Wetter gesprochen, habt euch schon nach Gesundheit, Familie und Arbeit erkundigt. Was weiter? Jedes Thema, das du beginnst oder das der andere anfängt, scheint nicht richtig zu laufen, das Gespräch kommt nach zwei Sätzen wieder ins Stocken.
Wenn einer von euch in dieser Situation schlau ist, ist das der Punkt, an dem derjenige aufsteht mit den Worten ‚Es war schön, dich zu treffen, jetzt muss ich los und mich um mein Kind kümmern / etwas Arbeit erledigen / Einkäufe machen. Bis bald!‘ und geht. Es ist gut, wenn man sich auf kurze Zeit trifft, eine nette Unterhaltung führt und sich dann verabschiedet. Denn du weißt ja bereits, dass ihr einander einfach nicht unterhalten könnt.
Es gibt viele Gründe, warum das passiert. Vielleicht kommt ihr einfach nicht auf eine Wellenlänge, weil ihr aus zwei völlig unterschiedlichen Kulturen stammt. Vielleicht denkt ihr ganz unterschiedlich, weil ihr so unterschiedlich aufgewachsen seid. Oder vielleicht habt ihr einfach ganz verschiedene Interessen und habt nichts, worüber ihr euch unterhalten könnt. Selbst wenn all diese Faktoren es euch schwierig machen, euch über lange Zeit zu unterhalten, könnt ihr immer noch Freundschaft und Liebe teilen! Unterschiedliche kulturelle Hintergründe oder ein Fehlen an gemeinamen Interessen machen eine Freundschaft nicht unmöglich!
Mit wem auch immer du Zeit verbringst, du genießt sie am meisten, wenn ihr füreinander gute Unterhaltung seid. Löst ein Satz vom anderen in dir einen Gedanken aus? Sprichst du diesen Gedanken aus und der andere lacht, weil er genaus das Gleiche gedacht hat? Wenn ihr irgendwo zusammen sitzt, vergesst ihr eure Umgebung, weil ihr so in euer Gespräch vertieft seid? Oder könnt ihr nebeneinander sitzen, beide in Gedanken verloren, und eure Zeit trotzdem genießen?
Wenn du diese Fragen hauptsächlich mit ‚ja‘ beantworten kannst, hast du einen Freund, mit dem du wirklich Zeit verbringen kannst. Ich sage nicht, dass die anderen keine wahren Freunde sind – sie sind einfach andere Freunde. Ihr könnt euch für kurze Zeit treffen, ihr könnt ein kurzes Telefongespräch führen, ihr könnt die Gesellschaft des anderen in einem Film oder einem Theaterstück genießen, wobei ihr euch nicht unterhalten müsst, sondern euch von jemandem Unterhaltung geboten wird. Doch ihr könnt keine Stunden oder ganze Nächte mit Gesprächen verbringen.
Wir haben immer beide Arten von Freunden in unseren Leben, das ist ganz natürlich. Doch gib Acht, dass du zumindest einen oder zwei von denen hast, mit denen du wirklich Zeit verbringen kannst. Und natürlich muss dein Partner auch von dieser Art sein!
Habe Freude an deiner Freundschaft, egal von welcher Art, und erinnere dich daran, dass wir alle unterschiedlich sind und dass das auch etwas Gutes ist – nicht jeder muss dein bester Freund sein!