Gestern hatten wir beim Abendessen eine Unterhaltung mit unserem Gast, einer freiwilligen Helferin, die zur Zeit hier ist und uns mit der Internetseite hilft. Wir haben darüber gesprochen, wie die Menschen hier in Indien in der Familie zusammen leben, was immer etwas ist, was Besucher, Gäste und Touristen aus dem Westen bemerken, wenn sie hier reisen.
Ich weiß, dass ich nicht zum ersten Mal darüber schreibe, aber es gibt immer wieder neue Aspekte, die ich an diesem Zusammenleben in einer großen Familie positiv und angenehm finde. Und die Vorteile sind wirklich so schön, dass wir sie immer wieder als etwas erwähnen, das wir wirklich genießen.
Ein Vorteil, den wir in den letzten Monaten wieder einmal bemerkt haben, besonders mit unserer kleinen Tochter Apra, ist wie großartig es für Kinder ist, in einer großen Familie aufzuwachsen. Ich habe großen Respekt für jede kleine Familie, in der die Mutter entweder Single ist oder allein daheim, während der Mann bei der Arbeit ist, und in der die Frau dann allein auf das Kind oder die Kinder aufpasst. Während es wunderschön ist, wenn man mit seinen Kindern zusammen ist, habe ich schon viele Frauen sagen hören, dass sie sich wünschten, ihre Eltern oder Schwiegereltern würden in der Nähe wohnen oder ihre Verwandten kämen hin und wieder vorbei und würde ihr helfen. Wenn man in einer großen Familie zusammenlebt, spielen alle, die Großeltern, Onkel, Tanten und Cousins und Cousinen mit dem Baby oder Kleinkind und können etwas von der Verantwortung übernehmen, so dass die Frau damit nicht ganz allein ist.
Doch es ist nicht nur die Unterstützung, die die Eltern haben, jedem in der Familie tut es gut, wenn die Familie zusammenlebt. Man bekommt Hilfe, wenn man in einer schwierigen Situation ist, man teilt Essen, Raum, Gegenstände und Geld.
Man spart auch viel Geld, wenn man zusammen lebst. Man muss nur ein Haus zahlen und keine vier. Wir brauchen nur ein Auto und keine vier oder fünf separaten Autos. Wir können Essen in größeren Mengen einkaufen – und bezahlen pro Kilo weniger. Und es gibt immer jemanden, der das Essen aufisst, das ansonsten schlecht werden würde. Wir teilen alles miteinander und genauso tun das auch viele indische Familien.
Die Menschen im Westen kennen dieses Konzept des Teilens oft nicht. Sie kennen natürlich das Wort, haben aber oft Schwierigkeiten, dieses Wissen auch im wahren Leben anzuwenden – weil ihnen von Beginn an beigebracht wird, individualistisch zu denken. Es ist normal und kein Urteil oder Vorwurf, den ich hier ausspreche. Natürlich trifft das auch nicht auf jede Familie zu, aber im Allgemeinen teilen die Menschen gerne in ‘meins’ und ‘deins’. Auch hier spreche ich nicht nur vom Geld sondern auch vom Teilen von Gefühlen.
Leider brechen jedoch auch hier die Familien auseinander und sogar Brüder können nicht mehr friedlich miteinander leben. Das Ego wird immer größer und jeder will seinen eigenen Platz haben. Viele sagen, dass der Grund nur der Einfluss des Westens ist und das mag vielleicht auch ein Grund sein, aber ich denke man kann nicht einfach den Westen für diese Entwicklung verantwortlich machen. Du kannst eine bewusste Entscheidung treffen, mit deiner Familie zu sein und an ‚unseres‘ anstatt an ‚meins‘ zu denken. Jeder einzelne von uns kann das tun und wir können nicht eine Kultur oder Tradition für unser Leben verantwortlich machen. Wenn wir unglücklich mit einer Situation sind, können wir etwas ändern, zumindest für uns und in unserer Familie.
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